Horizont: Wie zufrieden sind Sie mit dem Geschäftsgang im Jahr 2014 – was erwarten Sie sich für 2015? Wie viel Mitarbeiter hat Reichl und Partner derzeit?
Reichl: Trotz bewegtem Umfeld konnten wir heuer in Österreich unser Team sogar ein wenig aufstocken. Unser Team an den Standorten in Wien und Linz verfügt zurzeit über 167 fix angestellte Spezialisten aus allen Bereichen der Kommunikation. Über 50% verfügen einen universitären oder FH Abschluss. Wir wachsen vor allem in den anspruchsvollen Bereichen wie Klassische Werbung, Design, eMarketing, Social Media, Mediaplanung und PR und stagnieren im Bereich der Erstellung einfacher Werbemittel wie Prospekte und Flugblätter. In Summe kann man sogar sagen, dass das Qualitätssegment sogar überdurchschnittlich stark wächst.
Horizont: Welchen Kommunikations-Trend beschäftigt Reichl und Partner derzeit am meisten?
Reichl: Als eine der ersten ganzheitlich denkenden Agenturgruppen im deutschsprachigen Raum interessiert uns natürlich alles, was die Verbindung von klassischer Werbekampagnen und Design mit der Nutzung neuer interaktiver Medien betrifft. Unter integrierter Kommunikation verstehen wir zunehmend die Einbindung von Kunden in die gesamte Kommunikationsstrategie. Marken werden schon heute nicht mehr am Reißbrett konzipiert sondern von Usern Sozialer Medien mitgestaltet. Das erfordert zunehmend interdisziplinäres Denken in den Agenturen und nachdem wir ja nur über fix angestellte Experten verfügen, fühlen wir uns mit diesen Aufgabenstellungen sehr wohl. Persönlich fasziniert mich auch das hohe Niveau und die Ansprüche an das Design in den digitalen Medien. Agenturen können wieder ihre volle Design- und Kreativkraft entfalten und weltweit zur Schau stellen.
Horizont: Welche Vor- aber auch Nachteile hat man als Werbeagentur mit Hauptsitz in Linz. Was hat sich verändert, seit Reichl und Partner auch einen Sitz in Wien hat?
Reichl: Die Agenturen in Wien und Linz wurden 1988 gleichzeitig gegründet, Zürich und Stuttgart kamen 2011 dazu. Reichl und Partner beschäftigt in Österreich 122 der 167 Mitarbeiter in Linz und 45 in Wien, wir sind also in unserem Herzen immer noch eine oberösterreichische Agentur. Unsere Satelliten in Stuttgart, Genf, Zürich helfen uns, am deutschen Markt Fuß zu fassen. Somit sind wir eine Agentur für den deutschsprachigen Raum. Wir profitieren am Standort Linz von der Nähe zu Deutschland. Am Standort Wien profitieren wir von der Nähe zu Zentral- und Osteuropa. Wir arbeiten sowohl für B2B als auch B2C Kunden in nahezu allen Branchen. So gesehen sind wir sehr gut aufgestellt.
An den oberösterreichischen und bayrischen Unternehmen gefällt mir, dass wir hier noch wirklich unternehmerisch denkendes Management mit Entscheidungsfreiheit und auch Entscheidungsfreudigkeit vorfinden.
Rainer Reichl, CEO der Reichl und Partner Communications Group
(Linz, Wien, Zürich, Stuttgart)
Horizont: Ich selbst war einmal Werber- und Texter in einer Grazer Agentur – dabei habe ich erlebt, dass man von Graz aus immer etwas neidisch nach Wien geblickt hat, ohne dies zuzugeben. Meist hat sich das darin geäußert, dass man „über die Wiener“ ein wenig geschimpft hat. Ich weiß nicht, ob das jetzt in Graz noch immer so ist – das ist 15 Jahre her.
Führt mich aber zur Frage an Sie: Ist man als oberösterreichischer Werber ein wenig neidisch auf Wiener Kollegen – etwa weil dort fettere Etats zu holen sind, weil dort mehr gut ausgebildete Kreative nach Jobs suchen, weil …. Oder sind sie heilfroh, in Linz zu sein?
Oder ist der Agenturstandort mittlerweile sowieso egal? Diese Frage interessiert mich auch deshalb, weil sie als oberösterreichische Agentur, die auch nach Wien expandiert ist, „beide Seiten“ kennen könnten.
Reichl: Mittlerweile arbeite ich selbst 3 Tage in der Woche in Wien und liebe diese Stadt und Ihre Unternehmungen. Vor allem die Tatsache, dass Wien über internationale Agenturkunden, die auch gerne mit einer unabhängigen Agentur zusammenarbeiten wollen, verfügt, gefällt mir sehr. Andererseits liebe ich das Unternehmertum in Oberösterreich und benachbartem Bayern. Fakt ist, dass ich und auch viele unserer Mitarbeiter die letzen 25 Jahre die kulturelle Vielfalt unseres Landes vor allem auch durch unsere breit gestreute Kundenstruktur erleben durften und das fließt doch auch in unsere Denkweise und unsere Arbeit ein. Jeder Standort hat seine Stärken!
Horizont: Im Gespräch mit einigen Obmännern der Bundesländerfachgruppen kommt immer das Wort „Pitchunkultur“ vor. Insbesondere öffentliche Auftraggeber würden hier zig-Agenturen zum Präsentationen einladen, kein oder lächerlich wenig Abstandshonorar bieten und dann sowieso den Billigstbieter nehmen. Ist das in OÖ auch so – und was kann man als Oberösterreichs größter Agentur dagegen tun?
Reichl: Wir haben damit kein Problem, ganz im Gegenteil, wir freuen uns über jede Einladung zu einem Pitch. Schlussendlich ermöglicht uns gerade eine gewonnene Wettbewerbspräsentation, uns weiter zu entwickeln. Als Agentur muss man ja nicht jede Einladung annehmen. Und, dass sich Kunden mehrere Agenturen anschauen ist doch okay. Viele bieten auch ein großzügiges Abstandshonorar. Ich habe das Gefühl, dass die Situation in Oberösterreich sehr geordnet und fair ist.
Horizont: Was ist eigentlich (noch) oberösterreichisch an Reichl und Partner?
Reichl: Wie gesagt, 122 unserer 167 Mitarbeiter arbeiten in Linz. Und somit sind wir mit Abstand die leistungsstärkste Fullservice Werbeagentur in Oberösterreich. Wir haben auch die namhaftesten Kunden Oberösterreichs auf unserer Kundenliste und entwickeln die gesamte Agenturgruppe von Oberösterreich aus. Oberösterreich ist ein wirtschaftlich gut situiertes Bundesland mit einer wunderbaren Lage in Europa. Zudem kommt eine wirklich großartige Lebensqualität, die auch Mitarbeiter aus den umliegenden Ländern anzieht. Im Herzen sind wir also total oberösterreichisch und sind auch sehr stolz darauf.