Thomas König, Group CEO REICHLUNDPARTNER, Raffaela Hinterreiter, Online Media Director REICHLUNDPARTNER Media, und Markus Huber, Geschäftsführer SMC, diskutieren über die Zukunft der Medienlandschaft in Österreich.
Frage 1: Manchmal sind die Kunden überrascht, wenn sie die Kosten einer guten digitalen Kampagne sehen. Digital ist doch billig?! Gibt es ein wahrgenommenes Qualitätsproblem der digitalen Werbeformen? König: Wenn die Welt untergeht, gehe ich nach Wien, denn dort passiert alles 20 Jahre später (Karl Kraus). Sinngemäß könnte man das auch auf die digitale Welt in Österreich anpassen. Leider sind solche Gedanken bei vielen Entscheidungsträgern (auch im Senior-Management) immer noch manifest. Hinterreiter: Ich denke nicht, dass wir hier von einem Qualitätsproblem sprechen, sondern vielmehr könnte es an den umfangreichen Möglichkeiten der Budgetgestaltung liegen. Wir erleben immer mehr, dass mittlerweile viele Kunden die Vorteile digitaler Werbung erkennen und für sich zu nutzen wissen, wodurch zunehmend mehr Budget in diese Richtung fließt. Was in dem Zusammenhang aber auch wichtig ist: Neben regionalen Selektionsmöglichkeiten stehen viele weitere Targeting-Optionen zur Verfügung, die auch Maßnahmen mit kleineren Budgets ermöglichen. Breitere Zielgruppen erfordern aber natürlich entsprechend höhere Budgets, um eine Marktdurchdringung zu erzielen. Huber: Hier hat die letzten Jahre ein starkes Umdenken in der Branche stattgefunden: Kunden haben die Digital-Budgets aufgestockt, eigene Digital-Marketing-Spezialisten eingestellt und auch erkannt, dass man online komplett transparent und nachvollziehbar werben kann. Ich denke, dass die Effizienz von Online-Werbung so hoch wie noch nie ist. Somit ist es werbetreibenden Unternehmen bei derartigen Kampagnen möglich, genau nachzuvollziehen, woher der Kunde kommt, wie hoch die Customer Acquisition Costs (CAC) sind, welche weiteren Interessen der User hat – und darüber hinaus noch viele weitere Daten auszulesen. Unternehmen wissen genau, was sie für den “eingesetzten Euro” bekommen. Das macht soziale Medien für mich zum qualitativ besten Werbemedium.   Frage 2: Kommen wir nochmals auf das vermeintliche 20-Jahres-Gap in Österreich von Karl Kraus zurück. Gibt es denn Daten, wie sich digital vs. klassisch in den letzten Jahren weiterentwickelt hat?  Hinterreiter: Ja, basierend auf den Focus-Daten wissen wir, dass die klassischen Spendings rückläufig sind – vor allem im Print-Sektor sehen wir in den letzten Jahren einen kontinuierlichen Rückgang. Während der Pandemie haben im letzten Jahr natürlich auch Mediengattungen wie Kino und Außenwerbung stark verloren. Im Gegensatz dazu konnten die Online-Spendings deutlich zulegen. Aufgrund der durch die österreichische Digitalsteuer nun erstmals verfügbaren Daten können wir ein noch stärkeres Wachstum der digitalen Werbespendings in Österreich ableiten. Huber: Auch bei den börsennotierten sozialen Medien wie Facebook, Twitter, LinkedIn und Co lassen sich die globalen Umsatzsteigerungen transparent nachvollziehen. Hier sieht man auch ganz klar, dass wir in Österreich von der Budget-Gewichtung anderen westlichen Ländern weit hinterherhinken. Ich denke, dass der Jahres-Gap auf Österreich zutrifft – wenn auch nicht 20 Jahre, aber immerhin 5.   Frage 3: Personalisierung und Messbarkeit sind ja große Schlagworte im digitalen Bereich. Was ist daraus geworden? Huber: Das iOS 14.5-Update stellt uns in der Welt der sozialen Medien an eine der bisher größten Herausforderungen, wenn es um das Thema Messbarkeit geht und wird uns definitiv die nächsten Wochen und Monate noch beschäftigen. Erste Ergebnisse zeigen, dass lediglich 4 % der Nutzer dem Tracking zustimmen. Facebook und Instagram bereiten hier gerade Maßnahmen vor, die Netzwerke für jene User kostenlos zu belassen, die weiterhin dem Tracking zustimmen. Hinterreiter: Den Usern ist die Einhaltung ihrer Privatsphäre und der sensible Umgang mit persönlichen Daten wichtig wie nie zuvor. Durch den Wegfall der Third-Party-Cookies steht die digitale Werbebranche vor einer neuen Herausforderung. First-Party-Daten werden weiter in den Vordergrund rücken und auch E-Mail-Marketing wird bei der persönlichen Interaktion mit dem User weiter an Bedeutung gewinnen. Diese Änderung wird sich natürlich auch auf die Personalisierung und Messbarkeit auswirken. Dennoch existieren schon jetzt vielversprechende Ansätze, die sich auch noch laufend weiterentwickeln werden, um auch künftig die Performance digitaler Kampagnen entsprechend abbilden zu können. Messbarkeit bleibt definitiv weiterhin einer der größten Vorteile der digitalen Welt.
  Frage 4: Wie seht ihr denn die Entwicklung der Audio-Kommunikation im digitalen Bereich? Lösen Streaming und Podcast bald das Radio und TV als Medium ab? Hinterreiter: Der Bereich Audio war noch nie so vielfältig wie heute, was an den zahlreichen digitalen Angeboten liegt. Die Nutzung von Musikstreaming, Webradio bis hin zu Podcasts nimmt weiter zu. Durch das wachsende On-Demand-Angebot und die Themenvielfalt ergeben sich für Werbetreibende interessante Potenziale. Erst kürzlich hat auch YouTube sein Inventar um Audio Ads erweitert. Nicht nur für die Verlängerung von analogen HF-Kampagnen bietet Digital Audio spannende Möglichkeiten. Auch die hohe Aufmerksamkeit und die Erreichbarkeit von teils sehr spitzen Zielgruppen – besonders im Bereich der zunehmend beliebten Podcasts – machen Digital Audio Advertising für den österreichischen Werbemarkt immer relevanter. Natürlich hat auch Programmatic Advertising den Audio-Bereich längst erfasst. König: Ich sehe vor allem bei Podcasts ein großes Potenzial, weil die Plattformen dazu auch immer breiter in die Öffentlichkeit rücken und der Konsument dadurch sein Interessensgebiet gezielt suchen und erweitern kann. Huber: Podcast, aber auch Hörbücher sind der derzeitige Audio-Trend. Für Werbetreibende bietet das eine Fülle an neuen Möglichkeiten. Sei es die Erweiterung von klassischen Hörfunk-Kampagnen oder das simple Sponsern von Podcasts. Auch im Bereich der sozialen Medien ist die Audio-Kommunikation längst angekommen. Zuletzt machte das Social-Network Clubhouse Schlagzeilen. Hierbei können Nutzer Livetalks veranstalten und mit Zuhörern interagieren. Facebook arbeitet derzeit ebenfalls an sogenannten Live Audio Rooms, die eine Alternative zu Clubhouse darstellen sollen. Aber auch andere soziale Medien wie TikTok, die vorwiegend in der Generation Z großen Anklang finden, leben ebenfalls von der Kombination aus Bewegtbild und Audio. Wir machen generell die Erfahrung, dass alle sozialen Medien, die in den letzten Jahren aufgekommen sind, stark von Audio-Kommunikation geprägt sind. Beispiel Podcast. https://open.spotify.com/show/6Hwsvr8aqel8HWsZkDrwXs   Frage 5: Wie sieht die Mediennutzung der Zukunft aus? Was sind die Trends, die uns erwarten? Hinterreiter: Grundsätzlich sehen wir die Entwicklung der analogen (klassischen) Medien sehr positiv, da sie nach wie vor starke Reichweiten und hohe Kontaktqualität liefern. Ich denke, dass sich die Trends, die sich bereits in den vergangenen Jahren gezeigt haben, fortsetzen werden. Die Mediennutzung wird künftig noch digitaler und flexibler. Die zeitversetzte und ortsunabhängige Nutzung wird gerade bei Kanälen wie TV und Radio eine immer größere Rolle spielen. On-Demand-Bewegtbild- oder Audio-Angebote werden rasant weiterwachsen. Das erkennt man auch am aktuellen Hype um Podcasts, die den Anschein erwecken, sich zu einem nachhaltigen Trend zu entwickeln. Die veränderte Mediennutzung und der beschleunigte Informationsfluss wirken sich deutlich auf den Print-Sektor aus. Auch hier können Onlinemedien mit Vorteilen wie Aktualität, Multimedialität und Interaktivität punkten. König: Ich glaube, dass Digitalisierung der Schlüssel zur Individualisierung ist – und damit der Konsument sein individuelles Programm für sich selbst definieren kann. Aber auch im klassischen Bereich sehen wir, dass Special-Interest-Medien ja durchaus wachsen und neue entstehen. Was nicht mehr funktioniert, ist die ”one fits all”-Lösung. Das heißt, es wird auch künftig nicht reichen, nur auf sozialen Medien präsent zu sein?  Huber: Das kommt ganz auf die Zielgruppen und das Budget an. Wenn man den Großteil der Zielgruppe mit einem sozialen Medium erreicht, muss man nicht zwingend auf mehreren aktiv werden. Ich denke, dass die Mediennutzung, wie bereits auch die letzten Jahre, weiterhin digitaler werden wird. Im Bereich der sozialen Medien wird sich das Thema Social Commerce immer mehr etablieren. Vor allem im letzten Jahr haben hier immer mehr Unternehmen auf Performance-Kampagnen gesetzt, um deren Webshop zu bewerben oder Online-Leads zu generieren. Ich gehe davon aus, dass Unternehmen Social Commerce als fixen Bestandteil in ihre Vertriebsstrategie integrieren müssen. Hier finden immer wieder Bestrebungen statt, den gesamten Verkaufsprozess auf soziale Medien zu leiten. D. h. man wickelt den gesamten Verkauf auf Facebook oder Instagram ab. Spannend zu beobachten ist natürlich auch der Bereich des Influencer Marketings. Sobald sich ein neues soziales Netzwerk etabliert, gibt es auch bereits die ersten Influencer. Generell bemerken wir im Bereich des Influencer Marketing, dass immer mehr unserer Kunden auf Micro-Influencer setzen – also weniger bekannte Personen, die jedoch eine hohe Glaubwürdigkeit in ihrer Community auszeichnet. Hier findet derzeit eine Art Verschmelzung mit Social Commerce statt. So hat “User-Generated-Content” eine wesentlich bessere Conversion-Rate als reine Produkt-Posts.   Frage 6: Schlussfrage. Wenn man das gesamte Budget in digitale Medien investiert, kann man sich analoge Werbung sparen. Ist das wirklich so? König: Große Marken könnten sich das wahrscheinlich erlauben aufgrund der Markenstärke, die bereits etabliert wurde. Bei den führenden internationalen Kosmetikkonzernen geht der Trend sehr stark in diese Richtung. Anders sieht es bei Newcomern aus. Warum? Diese Marken müssen zuerst ihre Positionierung klar definieren und in den Köpfen der Zielgruppe verankern. Dazu ist ein integrierter Media-Mix nötig. Nur so kann die Brand Equity aufgebaut und die Positionierung nachhaltig verankert werden. Ich denke, dass es keine allgemein gültige Antwort auf diese Frage gibt, weil jede Marke eine eigene Persönlichkeit hat und diese individuell beurteilt werden muss. Huber: Im Bereich der sozialen Medien merken wir, dass Social-Media-Kampagnen dann besonders gut funktionieren, wenn die Marke etabliert ist und parallel vielleicht auch eine klassische Kampagne läuft. Somit steigt die Affinität einem Produkt bzw. einer Marke gegenüber und dies hat auch Auswirkungen auf die Performance der Social-Media-Kampagne.  

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