Guckst du! Von wegen, Online-Recruiting, Karriere-Websites, Social Media und Active Sourcing sind die Heil bringenden Waffen im Krieg um die raren Talente. Der neueste IAB-Kurzbericht offeriert uns hier ganz andere Daten. Und da dieser immer ein Mauerblümchendasein fristet, vom gemeinen Personaler eher weniger beachtet wird, aber – wie immer – sehr interessante Informationen bereit hält, fühle ich mich als um Aufklärung und eine bessere Recruiting-Welt bemühter Blogger berufen, diesen ans Tageslicht zu zerren und ein wenig zu entstauben. Here we go!

Für alle, die nicht wissen worum es geht: Das IAB (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung) ist eine Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit und erstellt in regelmäßigen Abständen den so genannten IAB-Kurzbericht. Dieser wiederum repräsentiert “aktuelle Analysen aus dem Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung“. Dieses Mal unter der Überschrift “Robuste Personalnachfrage im Westen wie im Osten“.

Kommen wir also erst mal zu den guten Nachrichten: So lag die Zahl der Neueinstellungen im Jahr 2013 mit 4,9 Millionen (weiterhin) auf einem anhaltend hohen Niveau. Vor allem die Zahlen im Gesundheits- und Sozialwesen zeigten zuletzt eine sehr positive Entwicklung. Interessant: Zwar ist die Zahl der Bewerber auf eine Stelle seit 2007 deutlich zurückgegangen (im Westen um rund 30, im Osten sogar um fast 50 Prozent), aber die Anzahl der als geeignet eingestuften Bewerber ist praktisch gleich geblieben. Tusch! Narhallamarsch! La Ola! These der IAB-Autoren:  “Es ist möglich, dass ein Teil der Betriebe bereits im Vorfeld auf die sinkenden Bewerberzahlen reagiert und das Anspruchsniveau absenkt.” Ja, schön wäre es (Stichwort Generation Y, andere Anspruchshaltung der Bewerber, Wertewandel etc. pp und so). Denkbar sei aber auch, so das IAB, “dass in jüngster Zeit ein effizienteres Zusammenfinden von Angebot und Nachfrage dadurch zustande kommt, dass Informationsdefizite auf beiden Seiten des Arbeitsmarktes abgebaut werden”. Hier werden dann betriebliches Engagement in den Schulen vor Ort, Jobmessen oder das Angebot der Arbeitsagenturen als mögliche Treiber benannt. Mit Sicherheit trifft einiges davon zu. Nicht unerwähnt sollten allerdings auch die gute alte Karriere-Website, das Engagement einiger Unternehmen im Social Web und eine zunehmende Nutzung von Bewerber- bzw. Berufsorientierungsportalen (z. B. meinpraktikum.de, whatchado, feelgood@work od. Ä.) bleiben, deren Bedeutung ja in den letzten Jahren massiv gestiegen ist.

Print schlägt Karriere-Website und Online-Stellenbörse

Dachte ich zumindest in meiner post-jugendlichen Naivität. Aber das IAB präsentiert uns was den Erfolg der einzelnen Suchwege im Recruiting angeht, komplett gegenläufige Zahlen. Und ich wette, Sie sind genau so überrascht wie ich.

  

Zwar ist der am häufigsten beschrittene Suchweg das (ich zitiere:) “Stellenangebot auf der Homepage des Betriebs“. Bei 53 Prozent der Neueinstellungen machte man sich über diesen Weg auf die Suche nach hoffnungsfrohen Kandidaten (Westen, im Osten waren dies 46 Prozent). Nun aber die Ernüchterung: “Dieser Suchweg führte nur in 9 Prozent (West) bzw. 8 Prozent  (Ost) der Neueinstellungen tatsächlich zum Erfolg.” So. Da haben wir den Salat. Aber es kommt noch schlimmer! Also im Verhältnis zumindest.

44 Prozent (30) setzen im Recruiting auf Print in der Stellenbesetzung. Damit ist dies der zweithäufigste Schritt, den Unternehmen in ihren Bemühungen um neues Personal gehen (damit liegt dieser vor Online-Stellenbörsen. Monster kann sein neues Angebot also komplett einstampfen ;-)). Und – man lese und staune – dieser Weg führt in 18 Prozent und damit doppelt so viel Fällen wie bei den Stellenangeboten auf der Homepage zum Erfolg. Im Osten sind es immerhin 11 Prozent. Print schlägt online. Aber so was von! Was tun, sprach Zeus. Nun, versuchen wir doch einfach mal eine Interpretation der Daten.

 

Insgesamt haben sich an der repräsentativen Befragung des IAB über 15.000 Betriebe beteiligt. Überwiegend sind dies Betriebe des Klein- und Mittelstandes (das bringt einfach schon die Struktur unserer Wirtschaft mit, siehe dazu auch meinen Kommentar zum letzten IAB-Bericht über den selbst verschuldeten Fachkräftemangel). Ferner sind dies – ich will es mal so nennen – “arbeitsamtnahe” Betriebe. Ergo also viele Unternehmen, für die das Internet noch Neuland darstellt und die Printanzeige (nicht Social Media) der Heilsbringer ist. Wenn Unternehmen also Stellen auf ihrer Website ausschreiben, so müssen diese erst einmal gefunden werden. Und das ist bei vielen Unternehmen doch eher ein Spießrutenlauf für Bewerber. Ohnehin ist eine nicht unerhebliche Frage, wie die Unternehmen das Ganze denn tracken. Mal ehrlich: Ein Unternehmen, welches es nicht mal schafft, den Karriere-Button prominent auf der Website zu platzieren und über sich als Arbeitgeber zu informieren, schafft es wohl kaum seine Website-Statistik auszuwerten. Stellt sich dann also die Frage, wie es den Erfolg eines “Stellenangebots auf der Homepage des Betriebs” beurteilen kann. 

 

 

Aber dies nur ganz am Rande. Wer jetzt dem IAB unterstellen möchte, es würde vielleicht die Statistik ein wenig zu sehr schönen und das Arbeitsamt (“Nutzung der Internetdienste der Arbeitsagenturen“) pushen, der irrt. Denn das schneidet mit 7 Prozent (6) noch schlechter ab.

Auch interne Stellenausschreibungen führen nicht zum gewünschten Erfolg. Gerade mal 2 (1) Prozent der auf diesem Suchweg beschrittenen Bemühungen führten zum Erfolg. Am erfolgreichsten ist übrigens der Such- und Besetzungsweg “über eigene Mitarbeiter/persönlichen Kontakt”. In 27 (28) Prozent führte dieser Weg zum Erfolg und hat damit die mit Abstand größte Erfolgsquote.  Damit wird wieder einmal die Wichtigkeit dieses Kanals eindrucksvoll unterstrichen. Wichtig und Erfolg bringend ist übrigens auch die Ausbildung selber. Leider ist die Studie hier nicht besonders trennscharf und wirft Ausbildung, Studium und Weiterbildung in einen Topf.

Social Media-Recruiting findet bei diesem Kurzbericht im Übrigen keine Würdigung. Wahrscheinlich würde das aber eher in den Promillebereich fallen und wird deswegen nicht mal in einer Fußnote erwähnt… Von wegen Active Sourcing, Twittercards oder Facebook-Karriereseite. Ohnehin ist der Hype um Social Media überbewertet!

 

51 Tage für die Personalsuche 

Werfen wir aber noch rasch einen Blick auf die Such- und Besetzungszeiten bei Neueinstellungen. Denn das Schalten einer Stellenanzeige bzw. das Ausschreiben einer Vakanz ist das eine. Irgendwie sollte die dann ja auch besetzt werden. Die tatsächliche Besetzungsdauer (1) (das ist der Zeitraum zwischen Beginn der Personalsuche und tatsächlichem Arbeitsbeginn) beträgt in Deutschland 77 Tage. Die Dauer der Personalsuche (2) (das wiederum ist der Zeitraum zwischen Beginn der Personalsuche und Entscheidung für einen Bewerber) beträgt 51 Tage. Die tatsächliche Vakanzdauer (3) (Zeitraum zwischen Entscheidung und tatsächlichem Arbeitsbeginn) beträgt 26 Tage.

 

  

Das alles steht in krassem Gegensatz zu dem, was geplant ist. Die geplante Besetzungsdauer (4) (geplanter Zeitraum zwischen Beginn der Personalsuche und gewünschtem Arbeitsbeginn) beträgt 53 Tage, die geplante Vakanzdauer (5)  (geplanter Zeitraum zwischen Entscheidung und gewünschtem Arbeitsbeginn) 3 Tage und die ungeplante Vakanzdauer (6) (Zeitraum zwischen gewünschtem und tatsächlichem Arbeitsbeginn) 23 Tage. Wie so oft klaffen hier Wunsch und Wirklichkeit auseinander. Bei den angegebenen Zeiten muss man sich wirklich fragen, ob ein Unternehmen sich solch lange Zeiten bei der Besetzung einer Stelle leisten kann. Und auch Bewerber, die bereits zugesagt haben, sollte man nicht im Stich lassen und sie bei Laune halten. Denn der ein oder andere ist durchaus für Angebote empfänglich, wenn ihm nicht die notwendige Wertschätzung entgegen gebracht wird. Und dann geht es wieder auf die Suche… Print natürlich, ist ja am erfolgreichsten :-)

 

Im Übrigen konnten 2013 87 (82) Prozent aller Personalsuchen erfolgreich beendet werden. Insgesamt konnten 2013 etwas mehr als 800.000 Stellen nicht im ersten Anlauf mit einem geeigneten externen Kandidaten besetzt werden. Vier (sieben) Prozent der Suchprozesse wurden sogar endgültig beendet. In Fällen wie der Reinigungsfachkraft mit Rettungsschwimmerschein, eines Referenten Reservierung Spezial oder eines Luchses (!) wundert mich das allerdings nicht (ganz anders sähe es natürlich aus, wenn diese Positionen per Inserat in Zeitungen oder Zeitschriften ausgeschrieben worden wären – klar, oder?).

 

 

 

Rekapitulieren wir aber noch mal: 800.000 Stellen (null komma acht Millionen!) konnten (im ersten Anlauf) nicht besetzt werden. Welchen Milliardenschaden dass für die deutsche Volkswirtschaft darstellt, hat ja sehr schön Martin Gaedt in seinem Bestseller “Mythos Fachkräftemangel” dargelegt. Wer das Buch immer noch nicht gelesen hat, sollt dies schleunigst nachholen!

Klar, die Zahl der Bewerber geht insgesamt zurück und damit haben die Unternehmen eine geringere Auswahl. Dass aber Unternehmen längst nicht alle Register ziehen, wenn es darum geht, sich als Arbeitgeber bei ihren Zielgruppen zu positionieren, sollte aber eben so klar sein. Längst werden nicht alle Potenziale genutzt, wenn es darum geht, neue Mitarbeiter für sich zu begeistern. Dabei geht es nicht nur um Tools an sich, sondern auch darum, den Suchradius auszuweiten. Sprich nicht mehr nur lokal, sondern regional, nicht nur regional sondern auch bundesweit, nicht nur bundesweit, sondern auch global zu suchen. Allerdings sollte man sich dabei immer vor Augen halten, dass Spanier auch keine Lösung sind. Und es natürlich nicht ausreicht, nur einen Kanal zu bespielen. Jede Zielgruppe hat andere Ansprüche. Darauf sollten Sie sich einstellen. Und dementsprechend die Wege der Personalgewinnung dran ausrichten. Merke: Es führen viele Wege zum Kandidaten. Der Mix macht’s! Den gesamten IAB Kurzbericht mit weiteren interessanten Informationen gibt’s hier zum Download. In diesem Sinne, guten Abend, ich muss jetzt meine Bewerbung als Luchs fertig machen!

 

Quelle: https://personalmarketing2null.de/2014/10/06/recruiting-print-schlaegt-online/

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