Das Gespräch mit Dinko Fejzuli, Chefredakteur der Fachzeitung medianet, zum Thema „Medien – Quo Vadis“ führte Reichl und Partner PR. Fejzuli zählt zu den anerkanntesten heimischen Fachjournalisten in diesem Bereich. Das Gespräch fand im Februar 2014 statt. Die Fragen stellte Wolfgang Wendy, Account Director von Reichl und Partner PR.
Reichl und Partner: Herr Fejzuli, würden Sie sagen, dass die Mediennutzer aufgrund des vielfältigen Angebotes heutzutage überfordert sind?
Dinko Fejzuli: Es handelt sich weniger um eine Überforderung der Mediennutzer, sondern eher um eine Angebotsausweitung, eine Fragmentierung. Festzustellen ist, dass der Medienkonsum für den Einzelnen differenzierter und daher noch interessensorientierter wurde. Dass mehr Angebot auch zu mehr Konsum führt, ist vor allem im Bereich TV zu sehen. Hier gibt es – Jugendliche ausgenommen - eine Steigerung.
Reichl und Partner: Was waren die wichtigsten Veränderungen in der österreichischen Medienlandschaft in den letzten 10 Jahren?
Fejzuli: Eindeutig das Aufkommen des dualen Rundfunksystems mit den privaten TV- bzw. Radiosendern und zum anderen das Phänomen Gratiszeitungen, welches vor allem im Wiener Raum zu massiven Verschiebungen geführt hat. Außerdem gab es eine aus meiner Sicht unglaubliche Demokratisierung des Medienkonsums durch die digitalen Möglichkeiten, die sich heute anbieten, Medien zu konsumieren.
Reichl und Partner: Wie wird sich die Medienlandschaft in den nächsten Jahren entwickeln?
Fejzuli: Das ist die große Unbekannt, vor der wir alle stehen. Abgesehen von den neuen Kanälen sehe ich vor allem im Bezug auf das Mediennutzungsverhalten gerade jetzt eine neue, noch nie da gewesene Konsumentengruppe heranwachsen; die jetzigen, so genannten Digital Natives. Diese werden erstmals im höheren Alter eine völlig andere Mediennutzung aufweisen, als ihre Vergleichsgenerationen bisher. Und das wird sicherlich sehr spannend und für die traditionellen Medien eine große Herausforderung werden.
Reichl und Partner: Derzeit sprechen viele davon, dass es aufgrund vom Internet in zehn Jahren keine Printmedien geben wird. Wenn doch, wie werden diese aussehen?
Fejzuli: Das hat man auch schon bei vielen alten Kanälen beim Aufkommen von Neuen gesagt. S. Kino und Buch, TV und Kino usw. Printmedien wird es in zehn Jahren noch mit Sicherheit geben. Fraglich ist es jedoch, ob alle Tageszeitungen, die derzeit in Österreich eine nicht unwesentliche Rolle spielen, noch erscheinen werden. Was sich etwa derzeit bei Presse und Wirtschaftsblatt abspielt, und wie es scheint auch beim Standard in abgeschwächter Form könnte nur ein Vorspiel für mögliche Zukunftsszenarien sein.
Aber es gibt auch Hoffnung. Bundesländerzeitungen wie die Kleine Zeitung, die Oberösterreichischen Nachrichten, die Tiroler Tageszeitungen und die Salzburger Nachrichten werden weiterhin eine starke Rolle in ihren jeweiligen Regionen spielen.
Schwieriger ist es schon seit längerem für die Magazine. Hier ist ja die doppelseitige Imageanzeigen zu einer aussterbenden Spezies geworden. Andererseits können aber auch Magazine sehr erfolgreich sein – sogar als Neugründungen – wie z.B. das Red Bull Media House mit seinen Produkten Red Bull Bulletin, Servus, und Terra Mater beweist.
Und um kurz über meinen eigenen beruflichen Bereich zu sprechen: Fachmedien, mit exklusiven Spezialinhalten, werden immer eine Chance und einen Platz haben in der Medienlandschaft haben. Sie könnten sogar zu den Gewinnern im Printbereich zählen.
Reichl und Partner: Können die Printmedien dem Druck vom Internet parieren und welche Bezahlmodelle für Content im Internet haben eine Chance von den Usern angenommen zu werden?
Fejzuli: Paid Content wird sicherlich kommen. Derzeit schieben - fälschlicherweise - die Verleger die Schuld an ihrer Situation entweder dem ORF (orf.at) oder Google zu. Notwendig wären etwas mehr Mut von den Beteiligten sowie einfachere Bezahlsysteme im Internet. Apple macht ja schon vor, was alles möglich ist. Denn die Konsumenten wären durchaus bereit, Geld auszugeben, sie sind aber nicht dazu bereit, sich die unterschiedlichen Zugangsdaten für etliche Plattformen zu merken und auch mehrfach die Kreditkarten-Angaben hinterlegen zu müssen.
Reichl und Partner: Wie wird sich die Verlagslandschaft in Österreich verändern?
Fejzuli: Ich hoffe nicht so, wie es sich in Deutschland in Ansätzen zu entwickeln scheint. Etwa bei der Funke-Gruppe (ehem. WAZ), wo es eine Zentralredaktion gibt, von der aus alle Medien des Verlags in bestimmten Ressorts mit identen Inhalten gefüttert werden.
Reichl und Partner: Wie sieht die Entwicklung bei TV als Informationsmedium aus?
Fejzuli: Der ORF verliert an Zusehern und Marktanteile, aber nicht nur deshalb weil er teilweise mit den privaten Sendern verwechselbar ist, sondern weil dies zehn Jahre nach Eintritt des Privatfernsehens ein ganz normaler Prozess ist. Auf der einen Seite hat der ORF ohne Zwiefel durch die Rundfunkgebühren einen nicht zu unterschätzenden Startvorteil. Auf der anderen Seite sieht man aber auch, welche Sphären man erreicht, wenn man wie Servus TV quasi ausschließlich öffentlich-rechtliches Programm macht – man kommt nicht einmal über die 2% Reichweite hinaus. Und im Bezug auf den Privat-Sektor. Hier sehe ich vor allem im Nachrichtenbereichen eine absoluten Professionalisierung, die nur zu begrüßen ist
Reichl und Partner: Welche Tendenzen sind beim Hörfunk festzustellen?
Fejzuli: Keine, denn der Radiomarkt ist wohl der stabilste überhaupt. Eine Ausnahme gibt es aber sehr wohl. Kronehit, der einzige private, nationale Radiosender wächst und wächst. Erstmals hörten über eine Million Menschen täglich wochentags mit Kronehit einen Privatsender.
Reichl und Partner: Österreich zählt zu den Ländern mit einer hohen Dichte bei der Außenwerbung – welche Trends sind hier zu erwarten?
Fejzuli: Bei der Außenwerbung wird noch auf DIE eine Idee gewartet, um auch diese Medienform endlich zu digitalisieren. Insgesamt ist Außenwerbung aufgrund der hohen Impact-Wirkung für viele Kampagnen unverzichtbar und hätte etwa Frank Stronach während des vergangenen Nationalratswahlkampfes nur stumm vom Plakat gelächelt, hätte er ein fulminantes Ergebnis eingefahren.
Reichl und Partner: Wie werten Sie die Entwicklungen im Internet?
Fejzuli: In Österreich ist die Durchdringung vom Internet abgeschlossen; dies gilt auch beim mobilen Netz. Festzustellen ist, dass Social Media vermeintlich eine gewaltige Macht hat. Aber: Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass sich kaum ein Shitstorm länger als ein, zwei Tage hält und kaum nachhaltige Wirkung erzeugt. Und auch wenn für den Journalismus Blogs und Twitter eine Möglichkeit mehr bieten, um an die Rezipienten heranzukommen, habe ich persönlich manchmal durchaus das Gefühl, hier in einer Blase mit meinesgleichen zu sein.
Reichl und Partner: Welche Trends bei den Medien freuen Sie besonders?
Fejzuli: Die Medien selbst werden mittlerweile zum Thema für alle – auch aufgrund der Digitalisierung. Das lässt sich auch anhand der Berichterstattung über unsere eigene Branche konstatieren, die plötzlich für immer mehr Menschen relevant wird, da es immer mehr Themen gibt, die in immer mehr Lebensbereichen relevant werden. Hier war der Mega-Kauf von WhatsApp ein schönes Beispiel. Dieser hat eine breite Diskussion über das Thema Datenschutz und Datensicherheit ausgelöst. Früher etwas für Spezialisten, heute etwas worüber jung und alt spricht.
Herr Fejzuli, wir danken für das Gespräch.