Bereits bei der Entstehung der Marken, die heute jeder kennt, legte man großen Wert darauf, dem Verbraucher Geschichten zu erzählen. Geschichten über die Marke, die sie einzigartig macht. Das galt für Persil, Palmolive, Nivea, Bärenmarke, Dr. Oetker, Volkswagen und unzählige andere Marken, die aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken sind. Und doch naht dieser Tag: Der Tag, an dem vertraute Marken verdrängt werden. Verdrängt von kurzlebigen, digital eingeführten Marken, die kommen und gehen. Es ist das bedroht, was die Marken seit jeher am Leben erhält: Ihre Nachhaltigkeit. Das Vertrauen in die meisten Industriebereiche sinkt laut GPRA-Vertrauensindex bedenklich, die Markenimages verlieren an Schärfe, die Loyalität der Stammkunden sinkt. Die Marken versinken im Chaos.

Die Marken sterben langsam

Das Hauptproblem ist schnell ausgemacht. Die Marken ereifern sich in kurzfristigen Aktionen, in Preisnachlässen, in Vertriebsmaßnahmen statt in Markenaufbau und Markenpflege. Und die Marketingchefs sehen in ihrem Streben nach Quartalsergebnissen nicht, dass sie ihre Marken damit zerstören. Ihre Marken verenden nicht plötzlich, sondern sterben ganz langsam. Keith Reed, Chief Marketing Officer bei Unilever, charakterisierte den Job der Marketer als chaotisch: „Und es wird noch schlimmer kommen.“ Sterbehilfe leistet ein Phänomen, das erst langsam erkannt wird. Bestand das Haupttool des Marketings früher aus Werbung, aus der Erschaffung einer „Big Idea“ für die Marke, später abgelöst von der „Integrierten Kommunikation“, zerbröseln die Marketingmaßnahmen heute in unzähligen Silos, die allesamt ein Eigenleben führen. Media, also die Auswahl, Gewichtung und Vernetzung der Medien und Werbeträger, wurde bereits in den Achtzigerjahren von der klassischen Werbeagentur abgekoppelt. Das erwies sich als Fehler, denn Werbeinhalte und Medien lassen sich nicht voneinander trennen. Nur wenn beide Bereiche eng zusammenarbeiten, kann eine Kampagne erfolgreich sein. PR war früher pure Unternehmenskommunikation, verschickte die Pressemitteilungen des Unternehmens und sammelte Presseausschnitte. Heute muss PR verwoben sein mit der gesamten Markenkommunikation und darf nicht mehr von ihr abgetrennt arbeiten.

Das Internet walzt alles nieder

Dann rollte das Internet wie eine Dampfwalze über die Unternehmen hinweg. Und mit ihr Online-Werbung, Social Media, E-Commerce, Web-Design und UX (User Experience), ebenso wie die modernen Formen des CRM (Customer Relationship Marketing). Von den Auswirkungen der Big Data-Revolution ganz zu schweigen. Früher war das alles einfacher. Da verantwortete eine Werbeagentur die gesamte Kommunikationsarbeit: Von der Marktforschung über Media und klassische Werbung bis hin zur Händlerkommunikation. Sie hatte den „Lead“. Diese Zeiten sind vorbei. Die Werbeagenturen haben die Mediaansprache der Verbraucher aus der Hand gegeben und man wirft ihnen vor, viel zu spät auf den digitalen Zug aufgesprungen zu sein. Ihr mangelndes Verständnis für Online kaschierten sie mit dem Aufkauf von Online-Agenturen, die sie jedoch kaum in ihre Arbeit integrierten.

Das Experiment ist es wert

Die Folge: Die Unternehmen beauftragten immer mehr Experten für jeden speziellen Bereich. Selbst mittelständische Unternehmen beschäftigen heutzutage eine Vielzahl verschiedener Agenturen für Werbung, Packungsdesign, Media, PR, Digital, Social Media, E-Commerce und inzwischen auch für Content Strategy, also für das Finden von Inhalten, die die Marke beschreibt und unterscheidet - für Storytelling. Es ist schier unmöglich, diese Fülle an Agenturen unter einen Hut zu bringen, sie dazu zu bringen, an einem Strang zu ziehen und dem gleichen Ziel zu folgen. Schon deshalb, weil dem Marketing die Zeit, die Ressourcen und oftmals schlichtweg die fachliche Kompetenz dazu fehlt. Kein Wunder, dass das Ergebnis, das Bild, das viele Marken in der Öffentlichkeit abgeben, diffus und verwirrend bis hin zu katastrophal schlecht ist.

Experten sind nicht die Lösung

Dabei ist die Lösung einfach. Es braucht eine „Lead Agency“, die die Markenstrategie in Abstimmung mit dem Unternehmen formuliert und steuert. Die Werbeagenturen sind daran gescheitert. Den Versuch der Mediaagenturen, diesen Anspruch zu erheben, hat niemand ernst genommen. Die Digitalagenturen haben den „Lead“ lautstark eingefordert, sind jedoch ebenso kläglich gescheitert. Denn Media und Digital fehlt jegliche Fähigkeit und Kompetenz zur ganzheitlichen Markenführung. Was also liegt näher, als der neuen Disziplin der Content Strategisten eine Chance zu geben? Sie setzen dort an, wo die Marke ihren Kern besitzt, wo sie sich unterscheidet, wo sie sich dem Verbraucher erklärt. Dort entstehen die Inhalte, die Geschichten, die den entscheidenden Unterschied über Erfolg oder Misserfolg machen. Dort kann sinnvoll darüber entscheiden werden, welche Inhalte an welche Zielgruppen und über welche Medien-Kanäle kommuniziert werden sollten. Ihnen kann gelingen, selbst schwierigste Zielgruppen wie die jungen „Millennials“ für Marken zu gewinnen.

Das Problem beginnt bei den Unternehmen

Das Experiment ist es wert. Soll es erfolgreich verlaufen, müssen die Unternehmen allerdings eine entscheidende Voraussetzung erfüllen: Auch sie müssen an einer zentralen Stelle über ihre Marken wachen, sie entwickeln und steuern. Einige visionäre Vorreiter sind diesen Weg bereits gegangen. Sie haben die Stelle eines Markenverantwortlichen geschaffen, der im Idealfall über Marketing und Vertrieb angesiedelt ist. Ein solcher ist Marc Pritchard, Global Brand Building Officer bei Procter & Gamble. Bei Sixt wacht Miriam Fohrmann über ein Heer von rund 50 Mitarbeitern, die alleine für jeden Online-Kanal verantwortlich sind. Es werden morgen nur die großen und kleinen Marken überleben, denen es wieder gelingt, ihre Markenstrategien zentral zu steuern. Die „Content“ finden, um ihre Marken zu unterscheiden. Die Inhalte und Geschichten erzählen, die die Verbraucher an sich binden. Wer diese Investition heute scheut, darf sich über Vertrauensverluste nicht wundern - und seiner Marke beim langsamen und qualvollen Sterben zusehen.

 

Quelle: Wirtschaftswoche

Link: https://www.wiwo.de/unternehmen/dienstleister/werbesprech-das-langsame-sterben-der-marken/10168310.html

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