Foto: Dr. Gereon Friederes ist Managing Director des Marktforschungs- und Markenberatungsspezialisten Marketmind

„Dafür ein Gespür zu entwickeln, ist die große Herausforderung.“ Die Werbespendings sind 2014 gestiegen und werden auch heuer zulegen. Ist das angesichts der flauen Wirtschaftslage nicht überraschend? GEREON FRIEDERES: In vielen Branchen ist der Wettbewerbsdruck gestiegen, gerade wegen der schwachen Wirtschaftslage. Das sieht man deutlich beim Handel. Es herrscht in diesen Branchen ein starker Verdrängungswettbewerb, und in solchen Situationen wird eher mehr als weniger in Kommunikation investiert. So erklären sich auch die höheren Spendings für TV-Werbung. Ein weiterer Effekt ist, dass gerade wegen der angespannten wirtschaftlichen Situation viele Unternehmen neue Produkte auf den Markt bringen, um die Umsätze zu beleben. Oder auch ihr Geschäftsmodell komplett verändern. Beides bedeutet steigenden Kommunikationsbedarf. Es fällt bei Ihrer Studie auf, dass Budgets für einzelne Instrumente gekürzt werden, umgekehrt aber die Zahl der genutzten Instrumente zunimmt. Offensichtlich möchten die Unternehmen nichts verpassen. FRIEDERES: Man spürt eine große Verunsicherung dahingehend, welche Instrumente die richtigen sind, vor allem, um die junge Zielgruppe anzusprechen. Ist diese überhaupt noch erreichbar? FRIEDERES: Mit TV und Print zunehmend weniger, also bleiben die neuen Medien. Aber auch dort haben viele schon die Erfahrung gemacht, dass sie auf diesen Kanälen relativ zu den Investments unterhalb der Wahrnehmungsschwelle bleiben. Und es fehlen bei Online- oder SMS-Marketing noch viele Erfahrungswerte, die man bei klassischen Kanälen schon hat. Hier wird viel gelernt, werden Erfahrungen gesammelt. Mit einem Anteil von 8 Prozent an den Gesamtspendings ist der Online-Anteil immer noch recht bescheiden. Woran liegt das? FRIEDERES: Das Internet ist zwar grenzenlos, aber die Neuen Medien sind limitiert durch die Ressourcen in den Marketingabteilungen. One-to-one-Kommunikation hört sich toll an, es bedeutet aber auch, dass dort wirklich jemand sitzt und mit dem Kunden kommuniziert. Und das ist personell ziemlich aufwändig. Obwohl der Vorteil der direkten Messbarkeit bei Online-Tools immer wieder hervorgehoben wird, nutzen viele Unternehmen diese Möglichkeit gar nicht. Wieso?

FRIEDERES: Erfolgsmessung kostet, vor allem wenn sie unabhängig und objektiv sein soll. Und da sagen sich viele Unternehmen, für die relativ kleinen Online-Budgets lohnt sich das nicht. Dahinter steht aber auch die Befürchtung, dass viele Online-Maßnahmen derzeit nicht kosteneffizient sind. Und da möchte man gewisse Kennziffern vielleicht gar nicht so genau wissen. Denn es geht dabei eben auch um das Sammeln von Erfahrung und den Aufbau von Know-how. Mehr Firmen nutzen unadressierte Werbepost, weniger dagegen adressierte Direct Mailings. Ist das die Abkehr vom Motto „Klasse statt Masse“? FRIEDERES: Nein, überhaupt nicht. Adressierte Werbepost wird vor allem von großen Unternehmen genutzt, wenn da einige wenige eine Pause machen, hat man gleich einen signifikanten Rückgang in den Ergebnissen. Und die Zunahme der unadressierten Flugblätter ist vor allem darauf zurückzuführen, dass immer mehr Klein- und Mittelbetriebe dieses Tool für sich entdecken und so die Kontaktfrequenz mit Kunden und potenziellen Kunden erhöhen wollen. Doch oft fehlt es an fundierten Adressen und entsprechenden CRM-Tools, da bleiben dann nur unadressierte Mailings. Zumal die Einstiegsbarrieren für klassische Werbung über TV oder Printinserate für KMU doch sehr hoch sind. Wie wird sich der Werbemarkt heuer entwickeln? FRIEDERES: Online-Medien werden weiter zulegen, auch das Dialogmarketing wird an Bedeutung gewinnen. Die eigene Homepage bleibt ein wichtiges Tool, zumal hier die Entwicklung sicher nicht zu Ende ist und neue Werbeformen und Möglichkeiten der Kundenansprache kommen werden. Bemerkenswert ist, dass es dadurch nicht zu Einbußen bei klassischen Medien kommt. Das wird sich fortsetzen, weil gerade ältere Zielgruppen über klassische Werbung und Print-Produkte angesprochen werden wollen. Und bei Kosten-Nutzen-Vergleichen sind klassische Werbung und Dialogmarketing-Print unschlagbar. Die Herausforderung für Marketingverantwortliche wird sein, Know-how und auch Gefühl dafür zu entwickeln, welche Botschaften man über welche Kanäle spielen sollte. Man wird den Konsumenten entlang der verschiedenen Stationen des Kaufprozesses über unterschiedliche Medien ansprechen und begleiten müssen, also verschiedene Instrumente wie an einer Kette aneinanderreihen. Hier die richtigen Kombinationen zu finden, das wird die Herausforderung der nächsten Jahre. 

Quelle: Dialogmarketing Report 2015 der Österreichischen Post AG

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