Wenn Werbung etwas bewirkt, steckt Psychologie dahinter: Sind Werbepsychologen die geheimen Verführer? Lassen sich psychologisch strategische und kreative Zugänge in der Werbegestaltung vereinen? Was kann Werbepsychologie, und wo liegen ihre Grenzen?

 

Die aktuelle Herausforderung im Marketing ist klar: Die Aufmerksamkeit, die man als Werbetreibender erreichen kann, wird immer knapper, die Produkte werden immer austauschbarer. Und letztlich geht es – wenn man es bis zur Essenz verdichtet – in der Marketingpraxis um eines: die Positionierung und Stärkung von Bildern im Kopf der Konsumenten. Dass die Psychologie dafür die adäquate Disziplin ist, liegt auf der Hand.

Als Vince Packard 1957 seinen Klassiker „Die geheimen Verführer“ herausbrachte, löste er damit  einen regelrechten Hype aus. Vor allem der Aufhänger, die „Iss Popcorn –trink Coca-Cola“-Studie von James Vicary, die in dem Buch beschrieben wird, löste heftige Diskussionen in einer breiten Bevölkerungsschicht aus.

Darin wurde behauptet, dass in einer Kinovorführung die Botschaften „Iss Popcorn“ und „Trink Coca-Cola“ so eingeblendet wurden, dass sie nur unbewusst wahrgenommen werden konnten. Die Ergebnisse hätten dann gezeigt, dass der Verkauf von Popcorn und Coca-Cola in der Pause rasant stieg.

Daraufhin entstand eine große Hoffnung bei Werbetreibenden – und eine große Sorge vor unterschwelliger Beeinflussung bei Konsumenten: Wie schütze ich mich vor Manipulation? Kann mich Werbung wirklich dazu bringen, Produkte zu kaufen, die ich nicht brauche? Längst hat Vicary selber eingestanden, dass seine Studienergebnisse ein Fake waren, und Nachfolgestudien konnten seine Behauptungen allesamt nicht bestätigen.

 

Marketing für Menschen

Wenn es also nicht das geheime Manipulieren von Konsumenten ist, was ist es dann, was die Werbepsychologie wertvoll für Unternehmer und Marketingabteilungen macht?

In der Marketingpraxis wird vor allem das Know-how in der Methodik geschätzt, daher findet man Werbepsychologen am ehesten im Bereich der Marktforschung.

Dabei bleibt aber ein umfangreiches Potenzial ungenutzt: Psychologie liefert zu allen Bereichen des Konsumentenverhaltens wertvolle Beiträge. Durch Kenntnis der Phänomene aus der Konsumentenpsychologie, von denen einige zu durchaus überraschen- den Ergebnissen kommen, kann man Verhalten besser vorhersagen und im besten Falle sogar bewusst steuern.

Eigentlich liegt es auf der Hand: Jede Marketingaktivität richtet sich an Menschen.

Die Psychologie ist die Wissenschaft, die sich mit dem Erleben und Verhalten von Menschen beschäftigt. Jede Marketingentscheidung profitiert vom Wissen über den Konsumenten. Warum gibt es dann nicht mehr Psychologen in der Werbung?

Sicher liegt es auch am unklaren Bild davon, welche Möglichkeiten die Werbepsychologie hat, zur Lösung von Aufgaben und Herausforderungen im Marketingalltag beizutragen.

In der Marketingpraxis stellt man von Anfang an das Produkt ins Zentrum aller Überlegungen: In der strategischen Planung beschäftigt sich das Marketing mit der Qualität des Produkts, seinen Funktionen, den Vorteilen gegenüber dem Mitbewerb, der Preisgestaltung, der richtigen Distribution usw.

Daneben gibt es dann noch den Begriff der Zielgruppe, die es bei der Planung auch zu beachten gilt

Die Zielgruppe ist aber keine anonyme Masse, die durch Einkommensschichten und Alterscluster beschrieben werden kann, sondern eine Ansammlung von Menschen – Menschen mit unter-schiedlichen Charakteren, unterschiedlichen Erfahrungen, Wünschen, Träumen und Lebenssituationen.

 

Mensch & Produkt 

Was den psychologischen Zugang in der Marketing- und Werbearbeit ausmacht, ist, dass der Mensch von Anfang in den Mittelpunkt der strategischen Überlegungen gestellt und in Bezug zum Produkt gesetzt wird: Was kann das Produkt – und ist das für den Konsumenten überhaupt relevant?

Was sucht der Konsument – und wie könnte das Produkt das erfüllen? Welche Motive hat der Konsument – und wie kann die Kommunikation für das Produkt darauf Bezug nehmen?

„Produkte können noch so hoch in ihrer Qualität sein, noch so angemessen in ihren Preisen, noch so gut in ihrer Distribution, noch so raffiniert in ihrem ökonomischen Kalkül – nur wenn es ihnen zusätzlich gelingt, die Aufmerksamkeit der Konsumenten zu erregen, für sie interessant zu

sein, als wünschenswert, nützlich und befriedigend erlebt zu werden, sind sie erfolgreich“, schreibt die Psychologin Helene Karmasin in ihrem Buch „Produkte als Botschaften“.

Was sind konkrete Aufgabenstellungen, für die die Psychologie mit ihren Insights nützlich sein kann? Gehen wir von den klassischen Aufgaben der Marketingabteilungen aus, so müssen Produkte oder Angebote entwickelt und erfolgreich am Markt eingeführt werden, um dann erfolgreich kommuniziert zu werden.

Bei der Produktentwicklung bieten sich zahlreiche Fragestellungen und Konzepte der Werbepsychologie an, zu denen es durchwegs praktikable Ansätze und Erkenntnisse gibt:

 

 

 

 

 

 

 

Psychologische Zielgruppenanalyse

Die psychologische Zielgruppenanalyse ist die ausschlaggebende Basis, um die richtige Positionierung zu finden:

  

  

 

 

 

 

 

 

Die Möglichkeiten der psychologisch fundierten Kreation sind ein eigenes, weites Feld. Auch bei der Planung der Kommunikationsgestaltung gilt wieder, dass der Mensch im Mittelpunkt der Überlegungen steht: Welche Einflüsse haben Werbemaßnahmen, Produktgestaltung und Produktpräsentation auf das Entscheidungsverhalten? Nur wenn man die Konsumenten versteht, kann man Kommunikationsmaßnahmen effektiv und gezielt steuern.

 

Psychologisch fundierte Kreation

Ergebnisse aus zahlreichen Studien bieten hier nicht nur Analysewerkzeuge, sondern

auch konkrete Anleitungen, die dabei unterstützen, die Inhalte für den Konsumenten relevant zu „verpacken“. Psychologisch fundierte Kreation kann erklärt und begründet werden. Natürlich muss zuerst der Zündfunke einer „Big Idea“ da sein. Im nächsten Schritt muss diese Big Idea dann aber durch den „Relevanzfilter“:

 

 

 

 

 

  

  

 

Viele der hier genannten Aspekte werden im professionellen Marketing bereits mithilfe verschiedenster Instrumente berücksichtigt, für einzelne Bereiche werden unterschiedliche Berater oder Partner herangezogen, anderes wird intern abgedeckt: Fragen in der Produktentwicklung und Kommunikationsplanung werden mit hilfe klassischer Marktforschung beantwortet, Mode ist momentan auch die Arbeit mit sogenanntem „Neuromarketing“.

In einer seriösen Auseinandersetzung kommt man dennoch nie um die Psychologie herum, da sich Marktforschungsergebnisse und neue Erkenntnisse aus der Neurologie ohne Rückgriff auf die Psychologie kaum in verwertbares Wissen übersetzen lassen.

 

Die Reihe „Werbepsychologie“ von Floortje Schilling wird in den nächsten Ausgaben fortgesetzt.

Quelle: https://www.a3verlag.com/fileadmin/a3verlag/Heftarchiv/a3boom/2014_09/files/assets/basic-html/page42.html

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